US-Wahl Präsident 2020 Wahlkabine in Corona-Zeiten
US-Wahl Präsident 2020 Wahlkabine in Corona-Zeiten

Wie funktioniert die US-Wahl - Wer wird Präsident?

Swingstates, Wahlmänner und kuriose Regeln - die wichtigsten Punkte zusammen gefasst. Zusätzlich finden sie eine Auswahl an Livestreams.

Es erinnert irgendwie an einen Hollywood-Blockbuster.

Die Inszenierung, die großen Reden, die „Darsteller“, der Krimi rund um die Auszählungen und letztendlich auch die Unsummen an Geld, die das Prozedere verschlingt.

Wie das Wahlsystem, das Kritiker als antiquiert und zu verworren anprangern, eigentlich funktioniert, was Wahlmänner –und Frauen sind, welche Funktion die sogenannten „Swingstates“ haben, warum der Termin der Wahl von der Landwirtschaft abhängt und welche Rolle ein gewisser Phil Collins darin spielt – die wichtigsten Punkte der US-Wahl fassen wir ihnen auf dieser Seite informativ und verständlich zusammen.

  • Electoral College – Die Wahl kurzgefasst

    Das sogenannte Electoral College ist jenes Organ, das den Präsidenten/die Präsidentin wählt. Das geschieht immer im Dezember des Wahljahres. Dieses Organ besteht aus den vorab zum „Election Day“ oder „Popular Vote“ im November von den Bürgern 538 bestimmten Wahlmännern – und Frauen. Der Kandidat, der mindestens 270 Wahlmänner- o. Frauen auf sich vereint, also die absolute Mehrheit, wird das nächste Staatsoberhaupt der US-Amerikaner.

  • Wann wird gewählt?

    Der Termin zur Wahl der Wahlmänner ist immer der erste Dienstag im November. Dies ist durch den Presidential Election Day Act vom 23. Januar 1845 festgelegt. Vereinfacht zusammengefasst wurde dieser Termin gewählt, weil

    1. Im November bereits die Ernte eingeholt war und
    2. Der harte Winter noch nicht eingesetzt hatte, sodass die Bürger der USA die teilweise mehrtägigen Reisen zu den Wahllokalen z.B. mit Kutsche oder zu Pferd absolvieren konnten.
  • Wer sind die Kandidaten zur US-Wahl?

    Die Blicke sind vor allem auf Amtsinhaber Donald Trump und Herausforderer Joe Biden gerichtet.

    Aber es gehen auch weitere Kontrahenten ins Rennen, die anderen Parteien angehören als Republikanern oder Demokraten. Die größte Auswahl bieten dabei die Bundesstaaten Colorado und Vermont: 2020 stehen dort jeweils 21 Bewerber auf den Stimmzetteln zur Auswahl.

    Auch illustre Namen reihen sich in die Kandidatenlisten ein. So gab der milliardenschwere Rapper Kanye West am 04. Juli bekannt, für die Partei „Birthday Party“ in den Wahlkampf einzusteigen. Da er jedoch nur in zwölf der 50 Bundesstaaten die Wahlvoraussetzungen erfüllt, hat der Musiker schon rein rechnerisch keine Chance, Präsident der USA zu werden.

    Aufmerksamkeit bekam auch eine anderer Partei mit ihrem Bewerber: die „Prohibition Party“, die, wie im Namen schon erkennbar, für ein vollständiges Alkoholverbot in den USA kämpft, stellt einen gewissen Phil Collins als Präsidentschaftskandidaten auf. Dieser hat jedoch absolut nichts mit dem gleichnamigen BRITISCHEN Musiker zu tun. Die Frage stellt sich, ob das auch jedem Wähler bewusst ist.

  • Wer darf zum Election Day am 03.11.2020 wählen?

    Wählen dürfen alle Bürger, die mindestens 18 Jahre alt sind und ihren Wohnsitz in einem der 50 Bundesstaaten oder in der Hauptstadt Washington haben. Das sind etwa 219 Millionen Menschen. Hinzu kommen im Ausland lebende US-Bürger wie beispielsweise Soldaten oder Diplomaten. Bewohner von Außengebieten, wie etwa Puerto Rico, dürfen nicht wählen.

    Elf Bundesstaaten verweigern ehemaligen Häftlingen das Wahlrecht. Sitzen die Straftäter aktuell in einer Haftanstalt, dürfen nur diejenigen aus Maine und Vermont ihre Stimme zur Präsidentschaftswahl abgeben. Allen anderen ist ebenfalls das Wahlrecht entzogen.

    Anders sieht es übrigens bei US-Astronauten aus, die zum Zeitpunkt der Wahl im All bzw. auf einer Raumstation auf US-Mission sind. Seit 1997 ist ihnen die Teilnahme an Wahlen aus dem All heraus erlaubt. Der elektronische Wahlzettel wird über eine verschlüsselte Email an das NASA-Kontrollzentrum übermittelt und zählt dann offiziell in die Stimmen ein.

  • Was sind Wahlmänner /- Frauen?

    Am Election Day wählen die US Bürger unter anderem die 538 Wahlmänner bzw. – Frauen, die im Dezember dann die Meinung der Wähler im Electoral College vertreten. Sie wählen sowohl Präsident*in als auch Vizepräsident*in.

    Wie viele Wahlleute ein Bundesstaat entsendet, hängt von der Anzahl der Einwohner des jeweiligen Landes ab. Jeder US-Bundesstaat darf so viele Wahlmänner und -frauen entsenden, wie er Vertreter im Kongress hat. Der besteht aus dem Repräsentantenhaus und dem Senat.

    Im Senat hat jeder Staat zwei Vertreter – für diese dürfen auch zwei Wahlmänner/-Frauen pro Bundesstaat entsandt werden.

    Die weiteren Plätze ergeben sich aus der Zahl der jeweiligen Abgeordneten im Repräsentantenhaus. Wie viele einem Bundesstaat dort zustehen (und somit eben auch die Anzahl der Wahlleute zur Präsidentschaftswahl), wird aller zehn Jahre durch eine Volkszählung ermittelt.

    2020 stellt Kalifornien, mit mehr als 33 Millionen Einwohnern, die meisten Wahlleute, nämlich 55. Texas folgt mit 38, danach kommt Florida mit 29.

    Der Kandidat, der insgesamt mindestens 270 Wahlleute auf seiner Seite hat, wird US-Präsident.

  • Warum sind Swingstates so wichtig?

    In vielen US-Bundesstaaten hat jeweils eine der großen Parteien traditionell eine klare Mehrheit.

    Es gibt jedoch „schwankende Staaten“ (engl. Swing States), bei denen keiner der Kandidaten vorab mit einer Mehrheit rechnen kann. Hier entscheidet sich das Ergebnis von Wahl zu Wahl, parteilichen Präferenzen sind nicht auszumachen.

    Um die Bürger dieser Swing States zu überzeugen, ist der Wahlkampf hier besonders intensiv und erbittert. Ein Großteil der Auftritte sowie die in den Medien geschalteten Wahlwerbespots konzentrieren sich auf diese Bundesstaaten.

    Welcher Staat ein Swing State ist, variiert. Ermittelt werden diese im Vorfeld durch Umfragewerte. Auch Ergebnisse der vergangenen Wahlen fließen in die Bewertung ein, genauso wie die Registrierung von Wählern bestimmter Gruppen (US Bürger müssen sich aktiv zur Wahl anmelden, da es kein Einwohnermeldeamt o.ä. wie z.B. bei uns gibt).

    Für die Präsidentschaftswahlen 2020 gelten folgende Staaten als Swing States, hier absteigend nach Größe sortiert. (Quelle: RealClearPolitics):

    • Texas
    • Florida
    • Pennsylvania
    • Ohio
    • Georgia
    • Michigan
    • North Carolina
    • Arizona
    • Minnesota
    • Wisconsin
  • „The Winner Takes It All“ – Wie werden die Stimmen ausgezählt?

    Eine höchst umstrittene Regel ist die sogenannte „The Winner Takes It All“ Bestimmung. Übersetzt heißt es in etwa: Der Gewinner bekommt alles.

    Diese Regel sorgte schon einige Male dafür, dass eine Partei, auf die tatsächlich abgegebenen Stimmen gerechnet, die meisten Votes für sich verbuchen konnte, letztendlich aber doch unterlag.

    Das geschah zum Beispiel im Jahr 2000 bei George W. Bush und zuletzt bei der vorausgegangenen Wahl 2016. Hillary Clinton, als Kandidatin der Demokraten, hatte überraschend gegen Donald Trump, den Kandidaten der Republikaner verloren. Und das trotz ca. 2,9 Millionen mehr Stimmen aus dem „Popular Vote“ für Clinton.

    Wie kann das sein?

    Die oben genannte Regel besagt, dass der Gewinner eines Bundesstaates nicht nur die Stimmen angerechnet bekommt, die tatsächlich für ihn abgegeben wurde sondern eben auch die Stimmen des unterlegenen Kandidaten. Und damit alle Wahlleute des Bundesstaates.

    Bsp. Oregon (7 Wahlleute für 2020)

    Kandidat 1 kann 4 Wahlleute für sich verbuchen

    Kandidat 2 die übrigen 3

    Kandidat 1 gewinnt – und darf nicht nur seine vier Wahlleute entsenden. Auch die drei Wahlleute des Gegners zählen auf ihn ein.

    Ausnahmen von diesem System sind lediglich Maine und Nebraska. Hier werden die Wahlleute proportional zum Ergebnis aufgeteilt. Aufgrund der Einwohnerzahl fallen diese beiden Ergebnisse jedoch kaum ins Gewicht.

    Wichtiger ist es für die Kandidaten, die großen Staaten für sich zu entscheiden.

  • Darf sich ein Wahlmann anders entscheiden?

    Verpflichtet sind viele Wahlmänner bei der Stimmabgabe nur ihrem Gewissen. Lediglich in 26 Bundesstaaten und Washington D.C. sind sie per Gesetz verpflichtet, für den Sieger ihres Bundesstaates zu stimmen. Da die Wahlen jedoch geheim sind, ist die Nachvollziehbarkeit eher schwierig, auch die Strafen, die auf Missachtung des Gesetzes stehen, sind nicht wirklich abschrecken,

    Nach offiziellen Angaben haben im Verlauf der US-Geschichte jedoch mehr als 99 Prozent der Wahlmänner und -frauen so votiert, wie es dem Ergebnis in ihrem Bundesstaat entsprach.

    Aber es gibt sie, die Fälle, in denen Wahlleute anders abstimmten.

    So wählte 2004 ein Wahlmann den demokratischen Vizekandidaten John Edwards statt des demokratischen Frontmann John Kerry. Am Wahlausgang hat es nichts geändert, der republikanische Amtsinhaber George W. Bush setzte sich durch.

    Wahlleute haben zusätzlich das Recht der Stimmverweigerung. Davon machten in der über 200-jährigen Geschichte offiziell aber nur 82 Wahlmänner Gebrauch.

    Umentscheidungen oder Enthaltungen fielen demnach bei keiner zurückliegenden Wahl ins Gewicht.

  • Wann steht das Ergebnis fest?

    Sind die letzten Wahllokale der Staaten geschlossen, muss nicht unbedingt ein Sieger feststehen. Knackpunkt könnten zum Beispiel die Stimmen der Briefwahl sein.

    In einigen US-Bundesstaaten dürfen die Briefwahl-Stimmen nicht vor dem Wahltag bearbeitet oder gar gezählt werden.

    Verschiedene Staaten nehmen auch Unterlagen an, deren Poststempel auf den Wahltag datiert ist und/oder die bis zu 10 Tage nach dem Wahltag ankommen. In anderen Bundesstaaten dagegen werden die Briefwahl-Stimmen vorab ausgezählt.

    Eines ist dabei klar: Spätestens bis zum 08.12.2020 müssen laut Vorgaben alle Unklarheiten beseitigt und alle Rechtsansprüche erhoben und geklärt sein.

    Die Wahlleute kommen dann traditionell am Montag nach dem zweiten Mittwoch im Dezember zur Wahl von Präsident und Vize in der Hauptstadt ihres jeweiligen Bundesstaates zusammen. In diesem Jahr fällt dieser Termin auf den 14. Dezember 2020.

    Die Stimmen der Wahlleute werden dann versiegelt und am 06. Januar 2021 in einer gemeinsamen Sitzung der zwei Kammern ausgezählt und veröffentlicht. Der Kandidat, der mindestens eine absolute Mehrheit von 270 Stimmen erreicht, ist somit der kommende Präsident.

    1824 erreichte keiner der Präsidenten die absolute Mehrheit. Tritt solch ein Fall ein, wird der Präsident im Repräsentantenhaus aus den drei erfolgreichsten Kandidaten gewählt, dabei hat jeder Staat eine Stimme.

    Weitere Besonderheiten und Regelungen des Electoral Collages können sie unter anderem hier nachlesen.

  • Warum die Präsidentschaftswahl kritisiert wird

    Auszug unabhängiger Berichterstattung, ohne Wertung oder Gewichtung

    1. In den USA gibt es keine Einwohnermeldeämter, die den Bürger*innen automatisch ihre Wahlbenachrichtigung zukommen lassen. Wer wählen möchte, muss sich aktiv registrieren lassen. Die „Deadlines“ zur Anmeldung sowie die Regeln variieren stark von Bundesstaat zu Bundesstaat.
    2. Das Wahldatum: der Election Day fällt immer auf einen Dienstag, also einen normalen Arbeitstag.
    3. Aus diesen und weiteren Gründen ergibt sich eine eher geringe Wahlbeteiligung von um 50%. Zum Vergleich: in Deutschland beteiligten sich an den Bundestagswahlen im Durchschnitt von 1949 bis 2017 um die 80% der Wahlberechtigten. (ab 1990 Gesamtdeutsch, Quellen: Bundeswahlleiter, Statista)
    4. Nachweis eigene Identität teilweise erschwert (Sozialversicherung, Führerschein, Personalausweis, etc. müssen vorgelegt werden. Beobachtung OSZE), Ausschluss Straffälliger
    5. Finanzierung des Wahlkampfes: 2010 hob es das Oberste Gericht das Limit für Unternehmensspenden auf. Damit sind unbegrenzte finanzielle Zuwendungen von jedermann und die Geheimhaltung von Finanzquellen möglich geworden
    6. Diverse Regelungen, u.a. „The Winner Takes It All“/ Mehrheitswahlrecht

So sehen sie die US-Wahl - Livestreams

Schon seit Tagen berichten vor allem die US-amerikanischen Medien nonstop über die Wahl des US-Präsidenten. Aber auch weltweit stößt die Wahl auf reges Interesse.

Über alle Ereignisse informieren wir sie natürlich rund um die Uhr in den R.SA Nachrichten bei uns im Radio und in der App. 

Außerdem sind die Wahlen unter anderem in folgenden Livestreams zu finden:

Wahl in den USA